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Audi RS3 Limousine: Der Teufel trägt Lader

Die Bässe brodeln, das Licht dimmt sich, die Spannung im Publikum erzeugt ein Knistern in der Luft – und: Der Vorhang geht auf. So oder so ähnlich lässt sich der Moment beschreiben wenn der Lader des Audi RS3 richtig losdreht. Für dieses Crescendo schreibt ein 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo mit 400 PS und 480 Newtonmetern das Notenblatt. Und bis zum letzten […]

Die Bässe brodeln, das Licht dimmt sich, die Spannung im Publikum erzeugt ein Knistern in der Luft – und: Der Vorhang geht auf. So oder so ähnlich lässt sich der Moment beschreiben wenn der Lader des Audi RS3 richtig losdreht. Für dieses Crescendo schreibt ein 2,5-Liter-Fünfzylinder-Turbo mit 400 PS und 480 Newtonmetern das Notenblatt. Und bis zum letzten Paukenschlag will das Kulturprogramm genossen werden.

„Mein Gott Walter“ würde Mike Krüger dazu durch die Fahrgastzelle brüllen und hätte die Nase vorn. Denn Erinnerungen an die legendären fünf Pötte, die Rallye-Champion Röhrl im S1 Quattro durch die Kehren peitschte, werden bei diesem Ladedruck-Exzess unweigerlich wach. Der Transport des Fünfzylinders in die Ära der Gestromten und Gefilterten ist gelungen.

Die Browning unter’m Mantel

Mit unbeeindrucktem Blick müssen die Ingenieure hier vorgegangen sein, denn genau so kaltschnäuzig benimmt sich auch der Sprössling. Ein bisschen schwer, ein bisschen träge, aber wie auf unsichtbaren Schienen geführt bringt die RS3 Limousine gefühlt 110 Prozent der Kraft auf den Teer. In 4,1 Sekunden beschleunigt der stärkste Bayern-Golf aller Zeiten auf 100 km/h, in unter 16 Sekunden fällt die 200er-Marke. Sportwagenfahrer jedenfalls beißen auf der Autobahn heulend ins Lenkrad, wenn sich der Sieben-Schuss-Selbstlader nähert. Und in grau oder schwarz lackiert ist er dazu noch wie unter der Jacke versteckt. Ein mieser Kerl, dieser RS3.

Vom Prinzip ein Über-Golf

Und man muss ihn nicht einmal fahren können: Die MQB-Plattform, auf der auch Konzernbrüder wie der VW Golf basieren, haben die Audi-Sport-Ingenieure gehörig ins Gebet genommen. Mit einem intelligenten Allradantrieb, einem Sieben-Gang-Doppelkupplungsgetriebe und dem 2,5-Liter-TFSI rückte man dem Biedermann zu Leibe. So verwandelte sich der praktische Kompaktwagen in einen Expresszug ohne Entgleisungen. Bei dem sitzt der Motor allerdings, anders als bei Sportwagen, quer vor den vorderen Domen. Durch die Limousinenform und den Allradantrieb hat man ihm seine Frontlastigkeit aber aberzogen – so heißt es.

Sicheres Fahrverhalten ohne Schnörkel

Unsere Testfahrten zeichnen das Bild eines Autos, das nichts aus der Ruhe bringen kann. Eine Destabilisierung scheint schlicht unmöglich – auch mit ausgeschalteten Fahrhilfen. Auf nasser Straße konnte nur eine Haftungsgrenze festgestellt werden. Der Allradantrieb ist nahezu unbesiegbar, verhilft der kleinen Limousine aber nicht zum schlanken Fuß. Der Grenzbereich des RS3 liegt naturgemäß höher als bei seinen Brüdern mit Frontantrieb; aber wenn er rutscht, rutscht er ebenfalls vorne. Das Fahrverhalten auf der Straße kann man, auch wegen der unermüdlich zupackenden Festkolbenbremssättel, als absolut sicher bezeichnen. Lediglich die 235er-Reifenbreite nimmt dem knapp 1600 Kilogramm schweren Allrad-Renner die Sprosse zur nächsten Haftungsstufe. Die kurz übersetzte Lenkung lässt immerhin so manchen Masseneffekt verpuffen.

Majestätisch im Kompakten

Abgesteppte Sportsessel mit Kontrastziernähten halten die vorderen Passagiere fest, auch auf den Rücksitzen feine Nähte und Karos, Carbon-Zierleisten, Edelstahl-Dekore – Besitzer von A3-Volumenmodellen finden eine neue Welt vor, wenn sie einsteigen. Lediglich die in Wagenfarbe lackierten runden Lüftungsdüsen holen den Käufer in die Welt der Kompaktklasse zurück: Sie sind wacklig geführt und wollen der ansonsten tadellosen Haptik nicht entsprechen. Gut, dass kleine Aufmerksamkeiten der Entwickler, wie etwa die Audi-Sport-Logo-Projektion auf dem Boden beim Einsteigen, dafür entschädigen wollen. Sie machen aus Bruce Wayne zwar nicht Batman aber erinnern an das Besondere: Es ist ein RS.

Entschärft aber hörbar

Häufiger wird man auch so auf den Super-A3 angesprochen. Bei einer roten Sportlimousine outen sich die Kenner: In der Nacht zu Hause angekommen gratuliert sogar ein Nachbar nach dem Parken zum RS3 – angelockt von dem eigentümlichen Brodeln der fünf Kammern. „Das ist der mit 400 PS, ne? Voll geil!“ lauten die Worte des Maschinenbauingenieurs in den besten Jahren. Dabei wurde der Sound beim aktuellen Modell schon entschärft. Das ursprünglich wilde Geknatter beim Abtouren ist von innen nicht mehr hörbar, von außen dumpfer. Am Jungfernstieg klingeln der Soko sicher trotzdem die Ohren.

Der Preis ruft die Konkurrenz

Und wenn es klingelt, ist auch die Kasse bei Audi nicht weit. 58.000 Euro sind mindestens für einen Ritt im viertürigen RS3 nötig. Unser Testwagen kostet 15.440 Euro mehr und kommt ohne Abstandstempomat oder Spurhalteassistent aus, dafür gibt’s unter anderem das größte Infotainmentsystem und Echtcarbon-Dekore. Das Highlight der Ingolstädter Preispolitik ist aber die Anhebung der Höchstgeschwindigkeit auf 280 km/h: Dafür fallen knapp 1500 Euro aus der Westentasche. Ja, die Aufpreisliste ist von der Art wie man sie gern selbst in Rechnung gestellt hätte. Und Audi tut sich damit keinen Gefallen.

Denn bei einem Kaufpreis von über 73.000 Euro holt sich der Testwagen harte Konkurrenz in die Tabelle: Alltagstaugliche Sportcoupés und Limousinen wie BMW M2 bis M4, Mercedes C63 AMG; ja sogar Sportwagen wie Toyota Supra oder Porsche Cayman GTS – sie alle sind zu diesem Preis zu haben. Wer Geschäftskunden hat, wird die Diskretion des RS3 im Vergleich zu den Alternativen zu schätzen wissen, aber ein kleines Räuspern kann dabei sein, wenn man später als Besitzer einen M4 um die Ecke biegen sieht.

Ein Katapult für Enthusiasten

Denn auch die Blech gewordene Zwille von Audi Sport ist nicht perfekt. Das DSG-Getriebe verzettelt sich gelegentlich im Alltag, die Sitze sind nicht mit verstellbaren Seitenwangen zu bekommen, und es ist nahezu unerträglich im Dynamikmodus zu fahren, ohne drauf zu treten. Der Lader will stetig gefüttert werden und der Fahrer bekommt ihn ab 4000 U/min aus vollen Eimern ergossen. 15 bis 20 Liter Sprit gehen auf schnellen Autobahnetappen und freien Landstraßen schon durch. Im Mittel pendelt sich der RS3 bei zwölf Litern ein, zehn sind bei ganz ruhigen Zehen möglich. Auch 2020 gilt: Turbo läuft – Turbo säuft.

Fazit:

Ein viertüriger Kompakter, der vergleichsweise dezent 400 PS beherbergt, ist ein Nischenprodukt, das zu diesem Preis die wohlhabenden Vielfahrer aus der Reserve lockt. Denn der RS3 kann so ruhig und angenehm wie ein ganz normaler A3 fahren. Erst sobald der Sportmodus eingeschaltet ist, beginnt eine exzessartige Beschleunigungsorgie in sieben Akten, die einzigartig ist. Und sie wird der sicher abgestimmten Kompaktlimousine – neben dem süffisanten Überraschungseffekt – zahlreiche Fans bescheren. Dass die Rallye mehr geradeaus als um die Ecke geht, ist der Preis, den der Käufer für seine Sicherheit zahlt. Strafpunkte gibt es dazu für die opulente Preisliste.

Daten Audi RS 3 Limousine

Länge x Breite x Höhe (m) 4,48 x 1,80 x 1,40
Radstand (m) 2,63
Motor R5-Benziner, 2480 ccm, Turbo, Direkteinspritzung
Leistung 400 PS (294 kW) bei 5850 – 7000 U/min
Max. Drehmoment 480 Nm bei 1950 – 5850 U/min
Höchstgeschwindigkeit 250 km/h (abgeregelt; optional 280 km/h)
Beschleunigung 0-100 km/h 4,1 Sekunden
WLTP-Durchschnittsverbrauch 8,5 Liter
Realverbrauch 12 Liter
Emissionen 194 g/km (Euro 6d-Temp)
Leergewicht 1590 Kg
Zul. Gesamtgewicht 2060 Kg
Kofferraumvolumen 315–770 Liter
Basispreis 58 000 Euro
Testwagenpreis 73 445 Euro